Kirgistan
Naturräumliche Gegebenheiten
Die Republik liegt im Nordosten Zentralasiens, sie erstreckt sich über eine Fläche von 198.500 km². Die geographischen Koordinaten sind 41° nördl. Breite und 75° östl. Länge. Die größte West-Ost-Ausdehnung beträgt etwa 900 km, von Nord nach Süd sind es rund 410 km.
Die Republik hat eine 3.878 km lange Landesgrenze, davon entfallen auf die einzelnen Nachbarländer:
- Usbekistan im Westen 1.099 km
- Kasachstan im Norden 1.051 km
- Tadschikistan im Süden 870 km
- China im Osten 858 km
53,5% der Landoberfläche stellen landwirtschaftliche Nutzfläche dar, 33,6% sind sonstige Flächen, nur 5,5% werden von Wäldern eingenommen und mit Wasser sind 4,4% des Landes bedeckt. Gletscher und Schneefelder machen 3% der Oberfläche Kirgistans aus.
Rund 93% der Landschaft liegen in einer Höhe von über 1.500 m, mehr als die Hälfte über 2.500 m. Das Land wird von zwei Gebirgszügen durchquert, im Norden von Tienschan-Ausläufern und im Süden von den Gipfeln des Pamir.
Die größte Höhe erreicht das Land im Südosten mit dem Pik Pobeda (Siegesgipfel, in der Landessprache Dschengisch Chokusu), dieser ist 7.439 m hoch. Der tiefste Punkt Kirgistans liegt im Südwesten und hat eine Höhe von 394 m über dem Meeresspiegel.
Die natürliche Vegetation der Vorgebirgsebenen ist halbwüsten- bis wüstenartig, in den Bergen findet man Bergsteppen, Wälder, Wiesen und Wiesensteppen.
Mehr als die Hälfte des Landes wird vom Narin und anderen Nebenflüssen des Syrdarja entwässert. Zahlreiche kleine und mittelgroße Flüsse entwässern dagegen das nördliche Kirgistan und versickern oder verdunsten in den Wüsten und Halbwüsten Kasachstans.
In Kirgistan existieren eine Vielzahl von Seen, wobei der mit Abstand größte unter ihnen der Issik Kul ist. Er ist mit 609 m der vierttiefste und nach dem Titicaca-See der zweitgrößte montane See der Welt. Sein Spiegel liegt in 1.600 m Meereshöhe.
Das Klima Kirgistans ist als hochkontinental-trocken zu bezeichnen, was u.a. starke Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter bedeutet. Die Temperaturen in den Tälern erreichen im Juli einen Durchschnitt von 26° C, im Januar dagegen nur – 4° C. Die starken Höhenunterschiede sorgen in vielen Bereichen für lokale Abweichungen, die Gipfellagen des Tienschan weisen polare Klimamerkmale auf. Im Südwesten im Ferganabecken dagegen hat das Klima subtropischen Charakter.
Politische Gegebenheiten
Die Staatsform Kirgistans ist die präsidiale Demokratie. Die Prinzipien des Landes gründen sich auf der Verfassung, welche die Achtung der Menschenrechte und Freiheit garantiert.
Die Staatssprache ist Kirgisisch, Amtssprachen sind Kirgisisch und Russisch. Die kirgisische Sprache ist eine Turksprache, deren Lettern dem kyrillischen Schriftsatz der russischen Sprache entsprechen. Zusätzlich existieren noch drei weitere Zeichen.
Der Präsident ist das Staatsoberhaupt, diesen Posten hat seit dem 28. 10. 1990 Askar Akajew inne, er wurde im Oktober 2000 zu seiner dritten Amtsperiode wiedergewählt. Vom Präsidenten wird der Premierminister (derzeit Amangeldy Muralijew) bestimmt, welcher als Regierungschef das Kabinett führt. Das kirgisische Parlament besteht aus 2 Kammern, einerseits der gesetzgebenden Versammlung (Oberhaus, 35 Mitglieder) und andererseits der Rat der Volksvertreter (Unterhaus) mit 70 Mitgliedern.
Die Gerichtsbarkeit üben das Verfassungsgericht und das Oberste Gericht sowie die ihnen unterstellten Gerichte aus. Das Parlament wird im 5-jährigen Rhythmus gewählt, ebenso per Direktwahl das Staatsoberhaupt.
Kirgistan ist Mitglied der "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" (GUS) und der Welthandelsorganisation WHO, welcher sie 1998 als erste der ehem. Sowjetrepubliken beitrat. Die Nationalwährung ist der 1993 eingeführte SOM. Im Mai 2000 war 1 USD umgerechnet 48,2 SOM wert. Nationalfeiertage sind der 2. Dezember (Nationaltag) und der 31. August (Tag der Unabhängigkeit).
Historischer Überblick
Die Besiedlungsgeschichte des heutigen Gebietes Kirgistan ist schon sehr alt. Das nomadisierende Turkvolk der Kirgisen wanderte wahrscheinlich Ende des 8. Jh. nach erfolgreichem Kampf gegen die Uiguren, einem turk-tatarischen Volksstamm, in den östlichen Tienschan ein. Der ersten schriftlichen Zeugnisse von kirgisischen Stämmen, die im Tienschan ansässig sind, stammen aus dem 10. Jahrhundert.
Seit dem 13. Jh. mußten die Kirgisen gegen verschiedene Truppen Kriege führen, um ihre Unabhängigkeit zu behalten. In der 2. Hälfte des 15. Jh. wurde ein unabhängiges Khanat gegründet, welches den Großteil der bereits entstandenen kirgisischen Nation einschloss.
1825 ließ der Khan von Kokand eine Festung "Pischpek" im Tschui-Tal errichten, um die kirgisischen Stämme zu unterwerfen. Im Umkreis der Festung hatten sich bis zur Jahrhundertwende schon 14.000 Menschen angesiedelt, so wurde der Grundstein für die Entstehung der heutigen Stadt Bischkek gelegt.
Russische Truppen kämpften gegen den Khan und besetzten 1862 die Festung, ein Jahr später wurde Nordkirgistan und 13 Jahre später der Süden des Gebietes in das russische Zarenreich eingegliedert. 1916 kämpften die Kirgisen während des mittelasiatischen Aufstandes zusammen mit anderen Völkern gegen die russische Macht.
Als die zaristischen Machthaber mit der Oktoberrevolution niedergeschlagen waren, schuf die Sowjetmacht ein neues Riesenreich. Kirgistan wurde 1918 zunächst Teil der Turkestanischen ASSR (Autonome Sowjetrepublik), bevor es 1924 den Titel "Kara-Kirgisische ASSR" erhielt. Ein Jahr später wurde es in "Kirgisisches Autonomes Gebiet" (AG) und ein Jahr darauf in "Kirgisische Autonome Sowjetrepublik" umbenannt. Im Jahre 1936 verlor die Republik dann den Titel "Autonom". Als Kirgisische Sowjetrepublik mit der nun in "Frunse" umbenannten Stadt Pischpek als Hauptstadt existierte sie bis zum Auseinanderfallen des Sowjetreiches. Der Name stammt von Michail Frunse, Kommandeur der Roten Armee und Sohn dieser Stadt.
Ab den zwanziger Jahren setzten die starken kulturellen und politischen Repressionen der Sowjetzeit ein, sie prägten die weitere gesellschaftliche Entwicklung nachhaltig. Von der Staatsführung wurde eine systematische Einwanderung von Russen organisiert. 1924 erhielten die Kirgisen erstmals eine eigene Schriftsprache, bis dahin gab es nichts derartiges. 1926 wurde für alle Turksprachen der SU die Einführung des lateinischen Schriftsatzes anstelle der bisherigen arabischen Zeichen beschlossen. Ab 1937 wurden diese dann durch die kyrillischen Buchstaben abgelöst.
Die bisher fast ausschließlich auf Landwirtschaft basierende Wirtschaft wurde stark industrialisiert, die meist nicht sesshaften Kirgisen in Dörfern dauerhaft angesiedelt. Als letzte der Sowjetrepubliken legte Kirgistan im Dezember 1990 den Entwurf einer Souveränitätserklärung im Republikparlament vor.
Im Jahre 1991 erklärte Kirgistan dann seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion, Frunse erhielt den heutigen Namen Bischkek. Zwei Jahre später verabschiedete das Parlament eine neue Verfassung (5. Mai), auch führte Kirgistan, diesmal als erste der ehemaligen Sowjetrepubliken, mit dem "SOM" eine eigene Nationalwährung ein.
Bevölkerungsverhältnisse
In Kirgistan lebten 1999 4,9 Mio. Einwohner, das entspricht 24 Einwohnern je km² Landesfläche.
Die Bevölkerung (Stand 1999) setzt sich aus 80 verschiedenen Nationalitäten zusammen, 64,9% davon sind Kirgisen. Die nächstgrößten Gruppen sind Usbeken (13,8%) und Russen (12,5%). Außerdem gibt es Ukrainer, Tataren, Dunganen, Uiguren, Türken, Kasachen, Tadschiken, Koreaner, Chinesen.
Etwa 0,4% der Bevölkerung sind deutschstämmig. Die Zahl der Angehörigen nationaler Minderheiten im Land nimmt seit der politischen Unabhängigkeit stetig ab, zwischen 1993 und 2000 sind etwa 225.000 Russen, Usbeken, Tadschiken usw. ausgewandert. Zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit machten die Russen noch 26% der Bewohner aus! Die Bevölkerung wächst aufgrund des natürlichen Wachstums aber trotzdem konstant, im selben Zeitraum nahm die Einwohnerzahl um ca. 500.000 zu.
Die Lebenserwartung 1999 betrug 63,1 Jahre für Männer und 71,2 Jahre für Frauen. Die totale Geburtenrate lag im gleichen Jahr bei durchschnittlich 2,73 Geburten pro Kirgisin.
Die Alphabetisierungsrate von 1999 beträgt 96%.
Aufgrund der natürlichen Gegebenheiten ist das Territorium Kirgistans bei weitem nicht gleichmäßig besiedelt, mehr als die Hälfte lebt im fruchtbaren Ferganabecken im Südwesten des Landes, welches lediglich 15% des kirgisischen Territoriums einnimmt. Auch das Tschui-Tal im Norden weist eine deutlich höhere Bevölkerungsdichte als der Rest des Landes auf, allein in der Hauptstadt leben rund 804.000 Menschen, das entspricht einem Sechstel der Gesamtbevölkerung.
Die nächstgrößeren Städte:
- Osch (273.000 EW)
- Tokmak (94.000 EW)
- Dschalal Abad (93.000 EW)
- Karakol (früher Prschewalsk, 80.000 EW)
- Kara Balta (70.000 EW)
65% der Einwohner leben auf dem Land, 35% sind urbane Bevölkerung.
Wirtschaftliche Merkmale
Die Republik Kirgistan ist ein Agrar- und Industrieland. Der landwirtschaftliche Sektor besitzt den größten Stellenwert, sein Anteil am BIP betrug 1998 ca. 46%. Innerhalb des landwirtschaftlichen Bereichs hat die Viehzucht, besonders von Pferden, Schafen und Rindern, die größte Bedeutung. Der Dienstleistungssektor machte 30% und der Industriesektor 24% des BIP aus. Durch intensive Bewässerung (im Jahr 1993 wurden 9.000 km² Land bewässert) schafft man die Bedingungen zum Anbau von Baumwolle, Getreide und Obst in den Flachlandsbereichen. Außerdem werden noch Tabak und Seide produziert. Baumwolle, Kartoffeln und Fleisch sind die Hauptprodukte des Exports landwirtschaftlicher Güter.
Innerhalb des Industriesektors nehmen die Zweige Buntmetallurgie, Energiewirtschaft, Maschinenbau und Leichtindustrie die vorderen Plätze ein. Das Land verfügt über größere Vorkommen von Bodenschätzen, insbesondere von Gold, Zinn, Wolfram, Quecksilber und Uran aber auch Erdöl und Basalt. Trotz der Vorkommen an Bodenschätzen ist Kirgistan in vielen Bereichen auf Importe angewiesen, so auch bei Erdöl und Erdgas. Exportiert werden Bodenschätze wie Gold, Quecksilber und Uran sowie Elektroenergie (aus Wasserkraft).
Der intensive Reformationsprozeß des Wirtschaftssystems dauert weiter an, das Land hat immer noch mit den Folgen des Wegfallens der alten Handelsbeziehungen der Sowjetzeit zu kämpfen. Nach 1991 war die Industrieproduktion nahezu zusammengebrochen. Nach dem Zerfallen der Sowjetunion war die kirgisische Gesamtwirtschaft auf 52% des vorherigen Wertes geschrumpft. Ab ca. 1995 gab es wieder einen langsamen Anstieg auf diesem Sektor, auch der Exportbereich vollzog eine Aufwärtsbewegung. Viele Beteiligungen der Regierung an Unternehmen sind inzwischen verkauft worden. Das Referendum vom 17.10.1998 sorgte für Privatbesitz an Land und weitete die Pressefreiheit aus.
Aufgrund der intensiven Anstrengungen der Regierung, durch Marktreformen und weitere Maßnahmen die Konjunktur anzutreiben und die Inflation niedrig zu halten, haben die Weltbank und der Internationale Währungsfond (IWF) finanzielle Unterstützung geleistet. Ausländische Hilfe spielt im Prozeß der wirtschaftlichen und sozialen Stabilisation bzw. Entwicklung der Republik eine wesentliche Rolle, eine Vielzahl internationaler Organisationen ist in Kirgistan tätig.